ab 10 Jahre

Wer küsst schon einen Leguan?

Allein gelassen

Heute wird Tobias 13 Jahre alt, und niemand ist da, um mit ihm zu feiern. Seine Mutter ist mit der Erziehung des Jungen vollkommen überfordert und hat nur Augen für ihren neuen Freund Fritze. Immerhin hat sie ihm einen Kuchen hingestellt – mit zwölf Kerzen! In der Schule bekommt das Geburtstagskind statt Glückwünschen nur die üblichen gehässigen Sprüche der anderen zu hören und wird als „Assi“ beschimpft. Vater unbekannt, Mutter arbeitslos, kein Geld und keine coolen Klamotten – Tobias steht in der Hierarchie der Klasse ganz unten. Kein Wunder, wenn ihn Enttäuschung, Trotz und Wut aggressiv werden lassen.

Wer kuesst schon einen Leguan

Alles ändert sich, als der smarte Drehbuchautor Max nebenan einzieht – wenn auch nur vorübergehend. Tobias nutzt die Chance und verkündet in der Schule eine fantastische Neuigkeit: Sein Vater sei endlich von einer langen Reise zurück und habe ihm einen echten Leguan mitgebracht. Die Klasse fordert Beweise und Tobias hangelt sich von einer Lüge zur nächsten, immer in Angst, dass seine erfundene Geschichte auffliegt.

Wer kuesst schon einen LeguanWer kuesst schon einen Leguan

Nach langem Drängen lässt sich Max auf das Vater-Sohn-Spiel ein und fährt sogar auf eine Klettertour mit, die Tobias’ Schulklasse unternimmt. Weniger aus Mitleid oder Sympathie, sondern weil er sich realistische Anregungen für seine derzeit erfolglose Daily Soap „Mitten im Leben“ erhofft. Trotzdem entsteht eine Beziehung, in der beide einander näher kommen und so etwas wie ein Familienleben ausprobieren. Als Tobias´ Mutter tödlich verunglückt, hofft Tobias bei Max bleiben zu können. Doch der Vater wider Willen kneift.

Über den Film

Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Haushalten, die als arm einzustufen sind. Dabei hat Kinderarmut nicht nur mit dem Einkommen zu tun: Es fehlt oft an Zuwendung, Erziehung, Bildung, gesunder Ernährung und Bewegung. Armut bedeutet auch soziale Ausgrenzung.
Regisseurin Karola Hattops sensibles Drama ist von bestechender Authentizität. Konsequent durch Tobias Augen erzählt, entsteht das gefühlvolle und vielschichtige Porträt eines verletzlichen Außenseiters, der sich nach familiärer Geborgenheit, Zuneigung und Anerkennung sehnt.

Als der lieblos herumgestoßene Sohn Tobias einer überforderten alleinerziehenden Mutter zeigt der junge Darsteller Frederick Lau eine beeindruckende Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten zwischen Hilflosigkeit, Aggression und Verzweiflung auf der einen, sowie Glückshoffnung, Liebesfähigkeit und kindlicher Freude auf der anderen Seite. In Mimik und Gestik trifft er authentisch die Situation und das Lebensgefühl eines vernachlässigten 13-Jährigen, der versucht, sich gegen alle Realitäten selbst zu behaupten.

Die elementare Spielfreude des Darstellers, seine wahrhaftige und oft anrührende Interpretation der facettenreichen Rolle bewirken ein hohes Maß an Identifikation und Mitgefühl beim Zuschauer und tragen zum Nachdenken über Verantwortung und Achtung im Umgang miteinander bei. Außerdem regen sie die Kreativität und Phantasie von Kindern bei der Suche nach Lösungen auch in schwierigen Situationen an. | Aus der Jurybegründung: Robert-Geißendörfer-Fernsehpreis 2004: Lobende Erwähnung für Frederick Lau

Der Film sollte möglichst weite Verbreitung finden, damit alle wieder hinschauen. Durch die geschickte Dialektik seiner Dramaturgie stellt er niemanden bloß und macht jeden betroffen. Er ist Zeitdokument und „Pflichtlektüre“. | Christl Grunwald-Merz, Kinder- und Jugendfilm Korrespondenz, München, Nr. 97-1/2004

Ein dichter Film, authentisch gespielt…, eröffnet der Film die Chance zur Sensibilisierung und zur Toleranz. Trotz seiner Problemorientierung gleitet er nicht in Schwermütigkeit ab. Mit einem Augenzwinkern auf die Konsumkultur schafft es der Film, in unaufdringlicher Weise zu berühren.
| Internationale Fachjury, 8. Internationales Chemnitzer Kinderfilmfestival 2003

Auszeichnungen

Adolf-Grimme-Preis Nominierung 2004, Europäischer Kinderfilmpreis und Publikumspreis beim Kinderfilmfestival Schlingel, Bester Kinderfilm beim Kinderfilmfestival Goldener Spatz 2005 und weitere Auszeichnungen und Nominierungen

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