ab 10 Jahre
Das geheime Stockwerk
Eine Reise in die Vergangenheit
So hatte sich Karli seine Ferien nicht vorgestellt. Anstatt mit seinen Freunden abzuhängen oder faul am Meer zu liegen, muss der 12-Jährige auf einer Baustelle ohne Internet leben und Tapeten abkratzen. Seine Eltern erfüllen sich mit der Übernahme des alten Grandhotels in den Alpen einen Lebenstraum, aber für Karli ist der 100 Jahre alte Kasten eher ein Alptraum.
Genervt drückt er auf den Knöpfen des alten Lastenfahrstuhls herum und bleibt irgendwo zwischen zwei Stockwerken stecken. Als sich die Tür öffnet, traut er seinen Augen kaum: Er ist im selben Hotel, aber im Jahr 1938! Hier lernt er das jüdische Mädchen Hannah kennen, das mit ihrem Vater aus Berlin an diesen abgeschiedenen Ort in Österreich geflüchtet ist. Auch wenn sie dem Jungen aus der Zukunft nicht alles glaubt, freunden sich die beiden an. Karli bekommt hautnah mit, wie Hannah und ihr Vater von Otto Hartwig, einem hochrangigen NS-Funktionär, bedroht werden. Langsam dämmert es ihm, wie gefährlich es für jüdische Menschen zu jener Zeit war.
Über Hannah lernt Karli den Barpianisten Bruno und den gleichaltrigen Schuhputzer Georg kennen, der mit seinem Lohn die Familie unterstützen muss. Als Georg zu Unrecht des Diebstahls bezichtigt und gefeuert wird, wollen seine neuen Freunde ihm helfen und den wahren Täter finden. Dabei entdecken sie, dass im Hotel seltsame Dinge vor sich gehen. Haben Herrmann und Heinrich, die beiden Söhne von Otto Hartwig damit zu tun, oder ist Bruno der Juwelendieb? Und steckt Hannahs Vater mit ihm unter einer Decke?
Die beiden Nachwuchs-Detektive beschließen, das Rätsel zu knacken und Karli kommt nur noch zum Schlafen in die Gegenwart zurück. Das bleibt natürlich nicht unbemerkt und er muss seinen Eltern immer dreistere Lügen auftischen. Neben der Sorge um Georg, bedrückt Karli auch das Schicksal von Hannah und ihrem Vater. Schließlich fragt er seine Mutter über die Zeit des Nationalsozialismus und den Holocaust aus. Kann er denn gar nichts tun, um den Lauf der Geschichte aufzuhalten?
Als er ansetzt, Georg davon zu erzählen, glaubt der ihm nicht. Er hofft auf bessere Zeiten und darauf, dass es bald Arbeit für alle geben wird. Von dem bevorstehenden Krieg will er nichts wissen. Nach diesem Gespräch wagt Karli nicht, Hannah alles zu erzählen, was er über das Jahr 1938 erfährt, sondern betont nur, dass es lebenswichtig ist, dass sie nicht nach Berlin zurückfährt…
Über den Film
Mit dem Verlust der letzten Zeitzeugen wird das Dritte Reich von einer geteilten lebendigen Erinnerung zu Geschichte. Und es ist sicher kein Zufall, dass plötzlich rechtsradikale Strömungen in ganz Europa wieder einen Zulauf bekommen wie lange nicht. Mit dem Verblassen des Schrecklichen wird rechtes Gedankengut plötzlich wieder salonfähig.
Umso wichtiger ist es, den Kindern von heute eine Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus nahe zu bringen und Toleranz und Akzeptanz für andere Kulturen, Ethnien und Lebensgestaltungen früh zu thematisieren. Aber wie sollen wir unsere Kinder über diese schreckliche Zeit aufklären und sie zugleich vor unmenschlichen Details schützen?
Unsere Idee: Wir versetzen ein Kind von heute in die Zeit des Nationalsozialismus. Karli reist ins Jahr 1938, findet dort Freunde und löst mit ihnen einen spannenden Kriminalfall. Er kämpft für seine neuen Freunde und seine Überzeugungen und betrachtet bald auch sein eigenes Leben im Jahr 2025 mit anderen Augen.
Mit ihm tauchen wir in eine fremde Welt ein und entblättern Stück für Stück ihre Geheimnisse. Auf diese Weise können wir ein relevantes Thema filmisch erzählen, ohne jemals die kindliche Perspektive zu verlassen.
» Norbert Lechner (Regisseur von DAS GEHEIME STOCKWERK)
Gerade im aktuellen Kontext ist es uns wichtig, die Anfänge und Auswirkungen autoritärer Systeme zu thematisieren und Kinder, Jugendliche und Erwachsene in einem ebenso mitreißenden wie feinfühligen Kinofilm dafür zu sensibilisieren.
» Bady Minck, Alexander Dumreicher-Ivanceanu und André Fetzer (Produzenten des Films)
Lechner präsentiert mit seinem Film eine Liebeserklärung an den aufklärerischen Geschichtsunterricht, der seine Zuschauer:innen ernst nimmt, sie mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert, aber auch bedürfnisorientiert Genrekonventionen bedient. Es verwundert daher kaum, dass Norbert Lechner im Rahmen des „Goldenen Spatz“ betonte, dass der Film dezidiert an Schulklassen im Kontext der SchulKinoWochen und anderen pädagogischen Formaten angeboten wird. (…)
Lechner mutet seinem jungen Publikum also schwer Verdauliches zu. Dabei vergisst er jedoch nicht, seine Zuschauer:innen mit ins Boot zu holen. Daher lässt er Karli nicht gefangen in der gefährlichen Vergangenheit, sondern er kann zu seiner Familie zurückkehren, um sich aus eigenem Interesse über die Geschichte der Judenverfolgung informieren zu können. Karli geht explorativ vor mit dem Hintergedanken, das Beste für seine Freunde aus der Vergangenheit zu erwirken. (…)
Der zunächst sehr ernst wirkende Plot wird durch eine Detektivstory aufgelockert. Georg soll Geld gestohlen haben. Die Freundesgruppe ist sich aber sicher, dass er zu unrecht angeschwärzt wurde. Durch die Detektivarbeit finden die Kinder heraus, wie Judenhass und soziale Ausgrenzung in der NS-Zeit passiert sein könnte. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern aus ehrlichem Interesse der Kindergruppe.(…)
» Damian Sprenger, blickpunktfilm.de
DAS GEHEIME STOCKWERK hat den „Goldenen Spatz“ verdient, da man durch gute Schauspieler, Kleidung und gut angepasste Requisiten viel über die Vergangenheit lernen konnte. Die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg ist perfekt für diesen wunderbaren Film. Es ist eine mutige Entscheidung, ein solch schwieriges, aber dennoch wichtiges Thema kreativ und fantasievoll zu verfilmen. Die Geschichte war ernsthaft, aber dennoch kindgerecht erzählt, wodurch das Thema Nationalsozialismus langsam und verständlich an die Zuschauer herangeführt wurde. Ein Fahrstuhl als Zeitreisemaschine wurde gut gewählt, und auch die Grundregel des Zeitreisens wurde eingehalten. Diese besagt, dass man die Vergangenheit nicht verändern darf. Abschließend kann man sagen, dass es ein sehr abwechslungsreicher Fantasyfilm mit Krimiatmosphäre und einer Vielzahl an Informationen über den Nationalsozialismus ist. Aus diesen Gründen ist der Film der Gewinner in dieser Kategorie.
» Deutsches Kinder Medien Festival Goldener Spatz: Jurybegründung